Gast Experten Blog: Konflikte in der Betriebsübergabe – wenn die Emotionen hochkochen

Konflikte in der Betriebsübergabe – wenn die Emotionen hochkochen
Die Übernahme eines Unternehmens, sei es durch Betriebsnachfolge oder -übergabe, ist ein Einschnitt in der Existenz jeder Organisation. Es ist ein Prozess voller Potenzial, aber auch vieler Stolpersteine. Die emotionale Bindung und nicht optimal abgestimmte Erwartungen in mehreren Bereichen gehören zu den häufigsten Konfliktursachen.
Warum Konflikte so häufig sind: verzwickte Umstände
Konflikte treten bei Betriebsnachfolgen häufig auf, weil emotionale, familiäre und geschäftliche Interessen eng miteinander verwoben sind – sie zu trennen gleicht oft dem Versuch, eine 100 Meter lange Lichterkette, die achtlos in eine Kiste geworfen wurde, zu entwirren.
Dazu kommt, dass es in der Betriebsnachfolge nicht nur aktiv Beteiligte, sondern auch viele Betroffene – etwa die Mitarbeitenden – gibt. So entstehen unzählige Interaktions- und Kommunikationsachsen. Werden diese Verflechtungen nicht ausreichend berücksichtigt und bearbeitet, ist ein Konflikt schneller da, als den Akteuren lieb ist.
Konfliktarten gibt es, je nachdem, welchen Ratgeber man sich zu Gemüte führt, in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Die am häufigsten auftretenden Konfliktarten in der Unternehmensübergabe sind, dicht gefolgt von Werte- und Generationenkonflikten:
- Emotionale Konflikte: loslassen und Verantwortungsübergabe fallen schwer
- Rollenkonflikte: Missverständnisse über die Rollen der Beteiligten und deren Verantwortungsbereiche sind an der Tagesordnung
- Finanzielle und rechtliche Konflikte, verursacht durch unterschiedliche Auffassungen über Bewertung und Konditionen der Übergabe, unzureichend formulierte Verträge und lückenhafte Vereinbarungen
Spannend ist: Konflikte entstehen in den seltensten Fällen aufgrund spezifischer Persönlichkeitseigenschaften der Beteiligten, auch wenn die von den Betroffenen erzählten Konfliktgeschichten das auf den ersten Blick nahelegen. Es scheint für die Beteiligten, die in einer Konfliktkrise stecken, verlockend, einfach einen Schuldigen zu identifizieren.
Wie man Konflikte in der Betriebsnachfolge verhindern kann
Effektives Konfliktmanagement beginnt lange vor dem eigentlichen Übergabeprozess. Meistens entscheiden Faktoren wie klare Kommunikation, Transparenz und das frühzeitige Festlegen von Rollen und Erwartungen darüber, ob und welche Konflikte auftreten.
Für die überwiegende Zahl der Beteiligten ist eine Betriebsübergabesituation völlig neu und unterscheidet sich deutlich von ihren sonstigen Tätigkeiten. Deshalb macht es viel Sinn, solche Prozesse – nicht nur im Hinblick auf Konflikte – professionell begleiten zu lassen, um die Zahl der auftretenden Konflikte deutlich zu reduzieren.
Des Weiteren essentiell: Ein strukturierter Plan, der emotionale, strukturelle, rechtliche und betriebswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt, kann viele Konflikte von vornherein vermeiden. Besonders die emotionalen Ebene wird aber leider oft vernachlässigt, obwohl sie einer der größten Quellen für Konflikte ist. Die gängigen Beratungsansätze sind meistens eher technokratisch und prozessorientiert. Wünschenswert wäre es also, von Anfang an auch auf Emotionen und Beziehungsgeflechte zu achten und einen ganzheitlicheren Ansatz zu verfolgen.
Was tue ich, wenn es trotzdem zu einem Konflikt in der Betriebsübergabe gekommen ist?
Bei aufkommenden Konflikten ist jedoch eines wichtiger als alles andere: Schnell zu handeln. Die Beteiligten sollten
1. offen kommunizieren und
2. bereit sein, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen
Mediation ist dabei eines der wirksamsten Instrumente, um die verschiedenen Perspektiven zusammenzubringen und eine Lösung zu finden, die für alle Parteien akzeptabel ist. Daneben können auch Coaching und Moderation – je nach Situation – gute Dienste leisten.
Der Einsatz von Mediation in der Betriebsübergabe
Mediation ist ein unparteiischer Prozess, der darauf abzielt, Situationen zu klären, die Kommunikation zu verbessern und ein gemeinsames Verständnis zu fördern. Auf diese Weise können Menschen gemeinsam zu nachhaltigen Lösungen finden.
Ein Mediator kann als neutraler Dritter fungieren, um die tatsächlichen Bedürfnisse aller Beteiligten zu identifizieren und dabei helfen, einen Konsens zu finden (übrigens was anderes als ein Kompromiss, aber das müssen wir ein anderes Mal besprechen). Diese Vorgehensweise hilft besonders dabei, emotionale Barrieren zu überwinden und ein faires Miteinander statt destruktives Gegeneinander zu ermöglichen.
Fazit
Die Betriebsnachfolge ist mehr als ein geschäftlicher Akt; es ist ein emotionaler Übergang, der sorgfältig verwaltet werden muss. Durch präventive Maßnahmen, schnelle Konfliktlösung und den Einsatz von Beratungsleistungen wie Prozessbegleitung und Mediation kann der Übergabeprozess harmonischer und effektiver gestaltet werden. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Betriebsnachfolge liegt in der klaren Kommunikation, dem Verständnis für die menschliche Seite des Geschäfts und der Bereitschaft, Konflikte konstruktiv anzugehen.
Über die Autorin
Melanie Berger ist eine aus der Schweiz stammende Wirtschaftsmediatorin, die in Österreich lebt und arbeitet. Sie widmet sich seit 2020 der Thematik von Konflikten in und zwischen Unternehmen und konnte seither über 60 Fälle mit einer Erfolgsquote von über 90% lösen. Neben der Mediation ist sie auch in der Prävention tätig und trainiert jedes Jahr unzählige Mitarbeitende und Führungskräfte in österreichischen Unternehmen im besseren Umgang mit Konflikten.
Kontakt:
Mag.(FH) Melanie Berger
Starhemberggasse 117/3
2753 Oberpiesting







